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Road to Nowhere
Text und Aufnahmen von Ben Andresen
Die Torino-Nizza-Rallye ist ein jährliches, selbst ausgerichtetes, mehrstufiges Radsport-Event, das Gravel-Fahrer, Randonneure und andere abenteuerlustige Radfahrer aus der ganzen Welt anzieht. Das dänische Gravel-Kollektiv Nordgrus hat sich mit Pas Normal Studios, Ortlieb und Open Cycle zusammengetan und ist vor einigen Wochen zur 3. Torino-Nice Rallye gefahren.
An der Côte d'Azur scheint immer die Sonne. Nunja, die meiste Zeit zumindest. Der schnittige, trendige Stil von Nice und sein entspannter mediterraner und doch urbaner Lebensstil lassen einen glauben, eine kleine Rolle in einem coolen französischen Film aus den 70er Jahren zu spielen, der farblich in leichten Blautönen gehalten ist. Während der Nahverkehrszug die felsigen Küsten entlang rauscht, ändert sich die Kinematografie und die Romantik verschwindet. Am Hauptterminal in Turin angekommen, stellt man fest, dass es in dem Film nun mehr um das Alltagsleben eines armen italienischen Taschendiebes geht als um den gut gekleideten französischen Gentleman im polynesischen blauen Anzug mit dem Moschus-Odeur, den du gerade noch vor ein paar Stunden auf dem Strand in Nizza getroffen hattest.
„Alles ändert sich. Schnell. Und es ist meine einfache Aufgabe, mit dem Strom zu schwimmen, alles anzupassen und zu konsumieren, was mir auf meinem Weg begegnet.'
In Turin regnete es heftig und erst die Vorhersage von blauem Himmel am Morgen ließ die flauschigen schwarzen Nimbus-Wolken etwas weniger dunkel erscheinen.
Als wir am nächsten Morgen Turin verließen, waren wir alle voller Freude und großer Erwartungen. Da draußen wartete unser Abenteuer und die Begegnung mit unberührter und reiner Natur war eine willkommene Abwechslung zu unserem Trainings- und Rennalltag. In aller Naivität machten wir uns einfach auf den Weg zu einer Woche Bikepacking mit rund 650 km geplanter Strecke und 17.000 Höhenmetern tollem und atemberaubendem Anstieg in Sicht. 'Gute, saubere Familienunterhaltung' ohne Entschuldigung. Konsumieren und genießen – jede Minute und jede Sekunde.
In nur wenigen Kilometern Entfernung. Als ich ankam, saßen bereits alle auf ihren Fahrrädern und unterhielten sich. Italiener und Franzosen, Kanadier und Israelis. Deutsche und Finnen, Spanier und Briten. Holländer und Dänen. Alle dabei, um ein paar Tage oder Wochen voller Radsport-Erinnerungen zu erleben. Manche zum ersten Mal, manche zum letzten. Manche zum zweiten oder dritten Mal. Einige waren allein, auf einer persönlichen Suche, andere in Gruppen, um mit Freunde die Reise teilen und genießen zu können. Als wir auf die ersten Schotterpisten kahmen, fühlte sich die Fahrt genauso reibungslos an, wie wir es uns selbst vom Torino-Nizza vorstellten.
„Es war die Art von Kies, die wir von unserer Fahrt her kennen. Fest, schlicht, mit etwas loser Körnung oben. Das vertraute Gefühl von schnellem dänischem Schotter oder schwedischem 'Sportsgrus'. Alles war gut. Allen ging es gut!'
Die Straßen wurden immer enger, ebenso die lokalen Cafés, die uriger und immer staubiger wurden. Genau so, wie ich sie liebe. Die Straße schien ebenso konzipiert zu sein, und nur eine Stunde später fuhren wir auf den Anstieg des Colle del Colombardo – eine 13 km lange, staubige Straße aus grobem Kies und kleinen Felsen, auf der an Geschwindigkeit nicht zu denken ist, und die mehrere kilometerweit eine kontinuierliche Steigung von über 13 % beschreibt. Hier kamen mir schon die ersten Zweifel. Ich hatte zunehmend das Gefühl, dass unser Abenteuer jetzt wirklich begonnen hatte und es entfaltete sich ein schizophrener Dialog in meinem Kopf. Ich erinnere mich, dass ich einmal den dänischen Filmemacher und Dichter Jørgen Leth gelesen habe, der das Radfahren als Spiegel des Lebens beschrieb. Dieses Bild schwebte mir lange innerlich vor Augen, und heute war dieses Bild klarer als je zuvor.
„Der Colombardo ist ohne Vergleich der anstrengendste und brutalste Aufstieg, den ich je gemacht habe. Ich hatte wirklich keine Ahnung, wie wahr das ist. Nicht die geringste Ahnung. Drei Kilometer fühlen sich wie eine Ewigkeit an, und dann geht die Ewigkeit immer weiter, reinster Zynismus der Straße. Ich bin dankbar, dass ich bereits am ersten Tag gegen diesen Riesen kämpfen musste. Sonst bin ich mir wirklich nicht sicher, ob ich es bis an die Spitze geschafft hätte.'
Am nächsten Tag fuhren wir weiter und eroberten den legendären Colle delle Finestre, ein Anstieg, der bereits in GT Erwähnung fand, und den ich schon seit Jahren fahren wollte. Und danach der 'leichte', aber extrem schöne Colle dell'Assietta, der uns mit nebligen Wolken begrüßte. Mit einer langen Rollfahrt auf dem in Gelb und Rot gehüllten Alpenplateau ging der Tag zu Ende. 65 alberne km mögen vielleicht total lächerlich erscheinen, aber es hat uns den größten Teil des Tages und eine weitere harte Anstrengung gekostet. Wir waren supermüde und ein billiges Bett in einem mittelmäßigen Skihotel in Sestriere schien die einzig vernünftige Option für die Nacht zu sein. Beim Frühstück am nächsten Morgen entschieden wir uns für den 'Schadenskontrollmodus'. Heute kein Kies. Nur Asphalt. Länger fahren. Aber nur kein Kies. Wenn wir es bis zum Fuß des Colle di Sampeyre schaffen konnten, lagen wir wieder auf Kurs des ursprünglichen Zeitplans. Wir schafften es, aber irgendwie fühlte es sich an, als wäre es nur eine Frage der Zeit, bis wir uns neuen Hindernissen stellen mussten.
„Ich wäre nie auf die Idee gekommen, 125 km mit über 3000 Höhenmeter über Claviere, Col d'Izoard und Col d'Agnel als Ruhetag zu bezeichnen. Aber es fühlte sich trotzdem so an und machte uns klar, von welcher Qualität die Schotterstraßen waren, denen wir hier gegenüberstanden.“
Der Abstieg aus den Wolken am Col d'Agnel, der auf der italienischen Seite der Grenze Colle d'Agnello genannt wird, wird mir noch lange in Erinnerung bleiben. Steile Haarnadelkurven gefolgt von langen Schleifen durch den Nebel. Dann geradeaus, so lange das Auge reicht. Das weiche Gefühl der 47-mm-Reifen und das auf den langen Abschnitten mit 80 km/h wie eine Rakete fliegende, vollmontierte Bike sorgten bei mir für ein Gefühl der Schwerelosigkeit. Unter der Herrschaft grauer und schwarzer Wolken passierten wir ein Dorf nach dem anderen. Alles aufgegeben. Keine Leute. Niemand mehr hier. Nur das Gefühl von Stille und Verfall, wie ein verdrehter, noch nicht gesehener Film von David Lynch. Es war malerisch, erschreckend und wunderschön. Im Laufe der Tage wurde klar, dass unser zurückhaltender Zeitplan alles andere als konservativ war. Uns schien die Zeit ständig durch die Finger zu rinnen. Früh morgens aufstehen. Kurze Stopps auf der Straße. Schnelles Essen. Schnelles Auftanken. Alles schnell erledigen. Früh ins Bett.
Die Idee, mit dem Moment zu schweben – einfach nur zu sein – wurde immer mehr zu einem rastlosen Gefühl, in Bewegung zu sein, ohne Zeit, einfach nur da zu sein. Nur Erlebnis ohne Raum oder Zeit, die Eindrücke und Emotionen auch zu verarbeiten, die wir gesammelt haben.
Das Fehlen einer ausreichenden Erholung – körperlich, geistig und sozial – vor allem aufgrund der Nächte im Zelt – zeigte sich nun auch, und am vierten Tag wachte ich auf und hatte einen weiteren harten und anstrengenden Aufstieg vor mir, und das Gefühl, ich hätte nur noch 30 % meiner körperlichen und geistigen Kraft noch übrig. Mir wurde klar, dass wir bei der ganzen Sache ein bisschen naiv waren. Nicht nur wegen des Kurses und wie hart und anspruchsvoll er war, sondern auch, wie das konstante Zusammensein alle unsere sozialen Ressourcen aufzehrt, fast vernichtet. An diesem Tag kam der Regen, und ich bin mir nicht sicher, ob das unser Retter in der Not war oder ob er nur den Schmerz und die inneren Konflikte verzögerte. Nach einigem Streit hielten wir bei einem Hotel an der Straße an und beschlossen, über Nacht zu bleiben.
„Zum ersten Mal seit vier Tagen hatten wir zwei Stunden Nichtstun. Nur entspannen. Niemand sprach ein einziges Wort. Wir warteten nur auf das Abendessen, warteten darauf, dass der Regen aufhörte. Wartete auf Ruhe.“
Am nächsten Tag wachten wir auf, die Sonne schien aus einem klaren Himmel, und für einen Moment vergaßen wir die Erschöpfung und den lauernden emotionalen Konflikt. Nach einigen steilen Anstiegen auf dem Asphalt des Colle de Preit und einigen unberührten Kilometern als Radwanderer öffnete der Gardetta-Gipfel seine Arme und umarmte uns mit überwältigenden Anblicken und reiner Stille. Wir hatten schon viele Tage vor unserer Ankunft die Geschichten über den Hike-a-Bike-Abschnitt des Aufstiegs zur Gardetta gehört. Trotzdem dachten wir, es sei möglich, bis nach oben zu fahren. Wir lagen falsch. Schrecklich falsch. Also mussten wir die Idee aufgeben und gingen drei Stunden lang den treppenartigen Weg zu Fuß nach oben. Auch wenn es sehr wenig mit Bikepacking zu tun hatte, war es doch ein krasses Erlebnis, und zum ersten Mal sahen wir unser Turin-Nizza-Abenteuer in einem neuen Licht – einem sehr schönen. Kein Wunder, dass dieser Teil der Route von vielen Fahrern als der landschaftlich schönste und atemberaubendste der Strecke angesehen wird.
Wir balancierten den Rand entlang, versuchten, die Erfahrung in vollen Zügen zu genießen und kämpften gleichzeitig gegen unsere Emotionen und unausgesprochenen Worte an. Little Peru hat uns eine wohlverdiente Spritze der Versöhnung verpasst. Mitten im stillen Hochtal zu sitzen, das Mittagessen auf dem Camping-Kocher zuzubereiten, während Murmeltiere auf der Wiese um uns herum ihren täglichen Geschäften nachgingen – das war ein wirklich einzigartiger Moment.
Zusammen mit den wirklich großartigen Momenten befanden wir uns immer mehr in einem sehr unangenehmen und schizophrenen Gemütszustand, ohne klare Möglichkeiten, unsere Balance oder die Macht darüber zurückzugewinnen – na ja, erst, als wir einige Tage später in Nizza ankamen. Worte waren irrational und unkonstruktiv, Kommunikation und Konversation wurden unklar. Der Konflikt zeigte sein unvermeidliches Gesicht gleich hinter der nächsten steinigen Serpentine, aber in der Hoffnung, dass es auch irgendwo da draußen noch eine Lösung gab, machten wir einfach weiter. Die Beine, der Verstand. In einem seltenen emotionalen Moment am 6. Tag mussten wir aufhören. Wir hielten direkt an der Via del Sale an, wo Schönheit am Höhepunkt des Abenteuers auf reine Göttlichkeit trifft.
„Wir mussten uns der Realität stellen, dass wir dabei waren, alles zu zerstören, was wir hatten. All die großartigen Dinge, die wir seit Jahren gebaut haben. Unsere Freundschaft.“
Der Konflikt, unser irrationaler Verstand und unsere erschöpften Körper versuchten, die Gruppe zu spalten, aber unsere enormen Erwartungen, die starken Bindungen, die wir gemeinsam aufgebaut hatten – und vielleicht eine geladene Waffe voller Kugeln der Rationalität, die uns das Gebirge an den Kopf hielt, das alles hielt uns zusammen. Es war einer dieser seltenen Momente, in denen möglicherweise alles zusammenbricht oder uns der schmerzhafte Prozess klüger macht und uns von den übermäßigen Gedanken befreit, die unsere Köpfe füllten. Zum ersten Mal seit vielen Tagen haben wir unsere Emotionen und den ständigen Druck, den wir verspürten, in Worte gefasst. Es war entlastend, aber schmerzhafter als all die Anstiege, die wir bisher auf unserer Fahrt gemacht hatten. Wir führten ein hartes, aber konstruktives Gespräch, als uns klar wurde, dass wir in einer Sackgasse waren, und kurz davor standen, komplett durchzudrehen. Es war sehr emotional und voller Hingabe – fast wie eine Absolution. Aber wie waren wir so weit gekommen?
Nach den 40 km wirklich schönen, aber sehr schweren Schotterpisten hoch oben auf der Via del Sale standen wir vor einer 25 km langen Abfahrt, bei der nur die letzten 5 km bis zum kleinen Dorf La Brique asphaltiert waren. Der erste Teil der Abfahrt war eine der technisch schwierigsten Fahrten, die wir je auf einem Gravelbike gemacht haben. Außerdem hatten wir unsere Räder mit Rucksäcken voll beladen. Hände und Schultern haben auf diesen rauen Straßen wirklich gelitten, aber das Gefühl, als wir den Übergang zum sehr schnellen und harten Schotter erreichten, wo die Geschwindigkeit von 12 km/h auf 40 km/h stieg, war so entlastend und berauschend, dass es schwer zu beschreiben ist. 6 Tage alpines Downhill-Gravel-Fahren verbessern das Handling für diese Art von Setup definitiv immens.
Nachdem wir den Col de Turini, einen letzten Schotteranstieg und den Pass zwischen Italien und Frankreich bezwungen hatten, kamen wir einen Tag später in Nizza an. Wir waren erschöpft und erfüllt von allumfassenden Erinnerungen und tiefgreifenden Erfahrungen. Die laute Vorstadt von Nizza zu betreten war eine fast deprimierende Erfahrung, aber sobald wir am Meer ankamen, uns auszogen und im Mittelmeer baden gingen, verstand ich, warum James (der Organisator der Rallye Torino-Nizza) Nizza als sein Ziel auf einer wirklich tollen Strecke ausgewählt hatte. Beim Schwimmen im salzigen Wasser wurde mir klar, womit wir in den letzten 7 Tagen gekämpft hatten. Schwere!
Endlose Erinnerungen und Bilder, verbunden mit meiner inneren Vision. Gedanken und Emotionen genug, um einen Supercomputer zum Neustart zu zwingen. Die Reise hat alle Erwartungen erfüllt, die man haben kann – und noch viel mehr.
'Trainiere dich, alles loszulassen, von dem du Angst hast, es zu verlieren.'
Wenn du eine Fahrt oder eine Reise unternimmst, bringt man immer das mit sich, was man in sich trägt. Was auch immer das ist. Es kann geübt oder trainiert, geformt, umgewandelt oder geheilt werden. Ich habe erkannt, dass man stets bereit sein muss, alles zu verlieren, was man mit sich bringt. Das ist das eigentliche Risiko, wenn man die Außenbezirke der Welt erkundet und Körper und Geist erforscht. Ich habe meinen Garmin auf dieser Suche verloren (ja, es war der Taschendieb im Zug) und mein Herz an den Herzschlag der stillen und uralten Berge – und ich hätte fast zwei großartige Freunde verloren, die ich niemals verlieren wollte.
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